- Nach breiter Kritik - Ministerin Aigner rückt von Meldegesetz ab (Artikel auf tagesschau.de vom 8.7.2012)
- Adresshandel mit Meldedaten - Aigner will Schranken (Artikel auf n-tv.de vom 8.7.2012)
Sonntag, 8. Juli 2012
Verraten und an die Lobby verkauft
Heimlich,
still und leise, wie das zu Zeiten und um große öffentliche
Ereignisse wie der EM, der WM, und/oder der Olympiaden herum so
üblich ist, hat die deutsche Regierung - mal wieder - ein Gesetz
durch den Bundestag gedrückt, dem man, wenn man es auch nur
oberflächlich betrachtet, deutlich die Handschrift des erfahrenen
Lobbyisten ansieht.
Richtig
geraten, es handelt sich um das neue Meldegesetz, demzufolge alles,
was Rang und Namen und vor allem Einfluss in der Politik hat, als da
wären Inkassofirmen, Adresshändler und sogar die Werbewirtschaft,
die ja schließlich nichts weiter wollen, als unser Bestes, nämlich
unser Geld (und unsere Daten, denn die sind noch besser, als bares
Geld!). Diese Daten der Bürger also, die der Staat, aus welchen
Gründen auch immer, sammeln zu müssen meint, wollte er (so steht es
in diesem Gesetz geschrieben) den danach gierenden
Wirtschaftsunternehmen (gegen Bares versteht sich, denn nur Bares ist
Wahres!) zur Verfügung stellen.
Dieser Punkt
enthält Sprengstoff, zunmal gleichzeitig die Möglichkeit der
Bürger, gegen diesen Adreshandel Widerspruch einzulegen, quasi ad
absurdum führte und die Rechte der Menschen einfach aushebelte,
indem er dieses Recht auf Widerspruch und die informationelle
Selbstbestimmung quasi aufhebt!
Das allein
ist zwar schon verwerflich genug. Schlimmer noch ist aber die
Tatsache, dass die Abstimmung über dieses sog. "Gesetz zur
Fortentwicklung des Meldewesens" genau an dem Tag angesetzt war,
dem 28.6.2012 nämlich, als ganz Deutschland,nebst den meisten
Parlamentariern vor der Glotze hockte, um sich das Halbfinale
zwischen Deutschland und Italien anzuschauen. Die paar anwesenden
Abgeordneten winkten das Gesetz mehr oder weniger durch und ließen
die schwarzgelbe regierung hoffen, niemand würde merkeln, was da
abgestimmt worden sei, bis es zu spät wäre.
Aber da hat
sie sich wohl leider verschätzt, die Regierung! Besorgte, mündige
Bürger, die sorgsam darauf achten, was die Regierung genau dann zu
verabschieden sucht, wenn sie sich nicht ganz ohne Grund dem Glauben
hingeben kann, dass die Mehrheit der Bürger gerade nicht so genau
hinschaut, haben nämlich die Brisanz des neuen Meldegesetzes sofort
erkannt und schlugen auch gleich Alarm, so dass zuerst die
Netzgemeinde begann, zu hinterfragen, wer da wohl was im Schilde
führte.
Und genau
das war das Richtige! Obwohl man eigentlich der Meinung sein sollte,
dass es die Aufgabe der Politik, vorzugsweise der Opposition sein
müsste, über die zur Verabschiedung stehenden gesetze der
Bundesregierung aufzuklären und den Widerstand dagegen zu
organisieren, ist mir nicht bekannt, dass dergleichen geschehen wäre.
Weder von den Grünen, noch der SPD war vorab irgendein kritischer
Kommentar zum Thema zu vernehmen. Im Gegenteil, gestern, so hieß es
im deutschlandfunk, habe sich Sigmar Gabriel auf Facebook dahingehend
geäußert, dass er sich wundere, warum von Seiten der Bevölkerung,
ob dieses Meldegesetzes, nicht schon vorab ein Sturm der Entrüstung
über die Bundesregierung hereingebrochen wäre! Dieser Einwand kommt
für meine Begriffe reichlich spät und es muss die Frage erlaubt
sein, warum Genosse Gabriel nicht schon eher auf dieses Gesetz
hingewiesen und zum Widerstand dagegen aufgerufen hat, sondern sich
erst dann veranlasst sah, einen diesbezüglichen Kommentar schreiben
zu lassen, als dieses Affentheater im Netz bereits hohe Wellen
schlug.
Natürlich
müssen wir uns, als mündige Bürger mit dem befassen, was die
Regierung versucht, an uns vorbei durch den Bundestag zu drücken, um
damit mal wieder den ein oder anderen Lobbyverein glücklich zu
machen. Aber die meisten von uns haben einen Job zu erledigen, der
ihnen mehr oder weniger den Lebensunterhalt sichern hilft und nur in
ihrer Freizeit können wir uns bisweilen ein wenich mit Politik und
ihren Auswüchsen beschäftigen.
Jene aber,
die als Parlamentarier gewählt wurden, um die Interessen zumindest
eines Teils der Wähler zu vertreten, die im Bundestag hocken und
sich so sehr langweilen, dass sie regelmäßig nebenberuflich mehr
arbeiten gehen, als in ihrem Hauptjob und dabei auch selbstredend
mehr verdienen, denn ihr kärgliches Abgeordnetensalär, warten
darauf, dass sie von aufmerksamen Bürgern (also uns!) darauf
hingewiesen werden, was in den Gesetzen, die durch den Bundestag
gepeitscht werden, so alles schief läuft. Das heißt aber wohl, dass
man auf diese jämmerlichen Abgeordnetengestalten prinzipiell auch
verzichten kann, wenn man eh alles selber machen muss! Oder aus
welchem Grunde sitzen die denn überhaupt im Parlament? Und, so rufe
ich denen, die "in unserem Auftrag" Politik machen
sollen:"Geht´s eigentlich noch?"
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