Mittwoch, 11. Mai 2016
Das Elend mit der Leiharbeit
Gestern
rauschte eine Meldung durch den Blätterwald und die Medien, dass es nun
endlich geschafft sei. Der Missbrauch der Leiharbeit sei nun ein Riegel
vorgeschoben! Dank der SPD, dank Sigmar Gabriel, dank Andrea Nahles!
Also sah ich mich dazu berufen mir die vermeintlichen Verbesserungen
einfach einmal ganz unverbildlich anzuschauen und dann meinen ebenso
kritischen, wie unmaßgeblichen Kommentar dazu abzusondern. Aber eins
nach dem anderen.
Heute
erreichte mich außerdem noch per Email der aktuelle Mitgliederbrief der
SPD, mit einer faksimilierten Unterschrift des großen fetten
Vorsitzenden Sigmar Gabriel, indem er mir die unerhörten Fortschritte,
welche diese "Einigung" beim Kaffeekränzchen im KanzlerInnenamt nun für
die ausgebeutete Arbeiterschaft mit sich bringen würde, erläutern
wollte. Er frug mich, ob ich denn nun auch, wie jene eine Million
Leiharbeiter, endlich aufatmen könne?
Woher,
so schoss es mir durch den Kopf, kommt überhaupt diese Leiharbeit? Und
die Antwort folgte ebenso schnell. Das hat die SPD verbrochen, damals,
als sie den Arbeitsmarkt "liberalisierte" und - das wollen wir nicht
verschweigen - unter eifrige Mitarbeit der Grünen, die
Arbeitnehmerrechte beschnitt und Arbeiter und Angestellte praktisch zu
rechtlosen Sklaven machte.
Und
nun, lese ich den Mitgliederbrief von Sigmar und höre, wie sie sich
ohrenbetäubend laut gegenseitig auf die Schultern klatschen vor
Selbstzufriedenheit. Hätten die Sozen also unter Schröder diesen Mist
nicht eingeführt, sie hätten sich gestern abend womöglich um irgend
etwas anderes sinnvolles kümmern können. Aber nein. Andrea Nahles
stellte sich vor die Mikrofone, strahlte wie ein frisch gebackenes
Honigkuchenpferd, fand sich und ihre tolle Arbeit bewundernswert und
stapfte anschließend davon mit der Bemerkung auf den Lippen:"Die Rente
mit siebzig wird nicht kommen!" Dazu ein süffisantes Lachen auf dem
ziemlich breiten Gesicht.
Das
alles konnte, trotz der bemühten Begeisterung, zumindest bei mir keine
wirkliche Freude auslösen. Bedauerlicherweise habe ich schon länger mit
vielen Leiharbeitern zu tun gehabt. Und die Tricks, die sofort nach der
Einführung dieser gesetzlich geduldeten und geförderten Art der
Ausbeutung, ja der Sklaverei, usus wurden und die lächerlichen
Begrenzungen ad absurdum führten, wurden bald von jenen Unternehmen
ausgenutzt, die sich auf diese neue und effektive Möglichkeit der
Ausbeutung stürzten, wie Geier auf ein stinkendes Aas.
Leiharbeiter
wurden von einer Leiharbeitsfirma an die Nächste weiter gereicht und
immer zu denselben beschissenen Bedingungen, nahezu unbefristet und ohne
jede Kontrolle, an immer dieselben Unternehmen und immer für die gleich
Arbeit ausgeliehen. Das die Löhne kaum zum Leben reichten, weil sie
weit unter den Tarifvereinbarungen lagen, versteht sich von selbst. So
gut wie keine Urlaubsansprüche und Entgeldfortzahlung im Krankheitsfall
als absolute Ausnahme, wurden ebenfalls selbstverständlich. Und was am
Monatsende auf dem Konto fehlte, das legte der Staat den Betroffenen
zähneknirschend oben drauf und subventionierte damit direkt Lohndumping
und Ausbeutung.
Und
was ändert sich jetzt, dass man das so an die große Glocke hängt? Man
hat endlich durchgesetzt, dass nach 9 Monaten Equal Pay gelten soll,
also gleicher Lohn für gleiche Arbeit! Nach 18 Monaten soll der
Leiharbeiter übernommen werden müssen, wenn er weiter dieselbe Arbeit
erledigen soll. Und damit haben wir genau die gleichen Probleme, die wir
vorher auch schon hatten. Nur die Fristen haben sich ein wenig
geändert. Ich und viele andere Kritiker sind sich heute schon sehr
sicher, dass es wohl kaum zu zahlenmäßig erfassbaren Übernahmen kommen
dürfte. Wer so lange in einem Unternehmen bleibt, der wird eben vor
Ablauf der 9 Monate dem Arbeitsmarkt wieder zur Verfügung gestellt und
kann dann an das nächste Unternehmen verliehen werden. Oder er wird an
die nächste Leihfirma weitergereicht.
Allerdings
hat offenbar außer mir niemanden stutzig gemacht, dass sich sofort nach
dieser "Einigung" die Metallarbeitgeber mit dieser "Verbesserung" der
Leiharbeitsbedingungen zufrieden erklärten! Dabei müsste solches Lob von
der Seite, die von der systematischen Ausbeutung der Leiharbeitnehmer
unmittelbar und mittelbar profitiert, sofort alle Alarmglocken schrillen
lassen. Aber nicht bei der SPD! Wen wunderts?
Diese
ganze Leiharbeits- und Werkvertragsscheiße muss so schnell wie nur
irgend möglich verboten werden. Das ist alles, was ich dazu zu sagen
habe!
Ach
ja. Bevor ich´s vergesse, wollte ich noch anmerken, dass ich seit
mehreren Jahren garnicht mehr in der SPD bin. Darum bin ich schon ein
wenig erstaunt darüber, dass man mir nach wie vor den Mitgliederbrief
übersendet, gleichwohl ich mehrfach, nach meinen Austritt auf mein
Desinteresse an diesem Propagandafetzen hingewiesen habe. Aber wen
juckts. Hat wohl mit der SPD-internen Vorratsdatenspeicherung zu tun...
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