Mittwoch, 5. Juni 2013
Ich bin beeindruckt…
…wirklich zutiefst
beeindruckt, über die Frechheit, mit der sich Vertreter unserer
Bundesregierung vor Kameras und Mikrofone stellen und sich lauthals
über die brutale Gewalt beklagen, mit der die Polizei in der Türkei
gegen friedliche Demonstranten vorgehe!
Soweit, so nicht gut. Mit
keinem Wort jedoch geht die Bundesregierung auf das nicht minder
brutale Vorgehen der Polizei in Deutschland gegen friedliche
Demonstranten am Bankenplatz Frankfurt ein, die der Gewalt in der
Türkei nicht wirklich viel nachsteht! Dies legt den Schluss nahe,
dass man in Deutschland nicht nur keinerlei Unrechtsbewusstsein
besitzt, sondern auch ganz offensichtlich in feinsten Nuancen zu
unterscheiden vermag, was gerechtfertigte Gewalt im Namen von
Demokratie und Freiheit ist (so wie in Frankfurt!), und was das
ungerechtfertigte niederknüppeln gewaltbereiter Chaoten, die sich
als friedliche Blocupy-Demonstranten tarnen und dabei nicht einmal
davor zurück schrecken, sich graue Haare wachsen zu lassen und in
allen Ehren zerknautschte Gesichtszüge zuzulegen (ebenfalls in
Frankfurt!)!
Besonders bemerkenswert
scheint es mir zu sein, wie in Deutschland demokratische Grundrechte,
wie das Recht auf Demonstrationsfreiheit insbesondere von
konservativen Landesregierungen mit Füßen getreten und mit
Schlagstöcken und Pfefferspray malträtiert und Teilnehmer an
zugelassenen Demonstrationen kriminalisiert werden.
Betrachtet man die Bilder
aus Frankfurt und die aus der Türkei, vermag man kaum einen
Unterschied festzustellen, zwischen der Polizeigewalt hier und dort!
Der grundlegende
Unterschied zwischen Frankfurt und Istanbul dürfte darin liegen,
dass in der Türkei die Menschen gegen die schleichende Islamisierung
des laizistischen Staates Kemal Atatürks auf die Straße gehen, und
auch gegen den selbstherrlichen, autokratischen Regierungsstil von
Tayyib Erdogan, wofür man in den westlichen Ländern sonst immer
viel Verständnis aufbringen kann.
In Frankfurt jedoch
stehen die Menschen gegen das System des Kapitalismus auf und DAS
ist, mit Verlaub gesagt, nach Ansicht der schwarzgelben Bundes- und
der rabenschwarzen hessischen Landesregierung eine Gefahr für die
Demokratur des Kapitals. Schließlich wäre die Demokratie in den
westlichen Industriestaaten längst abgeschafft, wenn man auf ihrer
Basis die Rechte der Konzerne und ihrer Lobbyvertretungen, oder gar
das Eigentum der Besitzenden Klassen angreifen und beschneiden
wollte.
Hier musste die
Regierungsgewalt zeigen, wer der Herr im Hause ist, ganz klar – es
kann nur eine Gewalt geben und das ist sicher nicht der Pöbel auf
der Straße, der mit seinen Protestplakaten gegen die Bankenmacht und
die Arschkriecherei der Politik bei den Konzernbossen eintritt!
Es gibt keinen
politischen Willen, sich in irgendeiner Form für die Interessen der
Bevölkerung zu engagieren. Im Gegenteil. Man versteigt sich zu der
typisch kapitalistischen Behauptung, dem Volk gehe es gut, wenn es
der Wirtschaft gut gehe und übersieht dabei gekonnt, dass die
Wirtschaft niemals freiwillig bereit ist, etwas von dem abzugeben,
was sie durch die Ausbeutung der Arbeitskraft ihrer Mitarbeiter
verdient hat! Der Kapitalismus folgt der Maxime „nur selber fressen
macht fett!“
Die Politik hat nun ihre
demokratische Maske abgelegt und sich geoutet. Nicht als schwul, das
wäre auch überhaupt nicht schlimm. Sie hat sich geoutet als
Handlanger einer entfesselten Wirtschaft, die von der Politik den
Primat des Handelns übernommen und die Regierungen zum Getriebenen
wirtschaftlicher Entscheidungen gemacht hat. Und weil es so „gut
funktioniert“, hat sich die Politik, nun in vorauseilendem
Gehorsam, gegen die eigenen Bevölkerung gewandt und schaufelt völlig
hemmungs- und bedenkenlos der Wirtschaft Privilegien und
Steuergeschenke zu, das es einem schwindelig werden muss – wenn man
mal drüber nachdenkt!
Natürlich, bisweilen
muss man schon auch als Politiker, besonders, wenn man mit in der
Regierung sitzt, so tun, als seien einem die Bürger (die ja leider
auch Wähler sind) irgendwie wichtig und man nähme ihre Sorgen und
Nöte ernst! Dann zieht man auch schon mal als Muddi die Gummistiefel
an die Schweißfüße und den Südwester auf den Mostkopf und stapft,
mit überaus besorgter Miene rasche finanzielle und vor allem
„unbürokratische“ Hilfe versprechend (was auch immer damit
gemeint sein mag, medienwirksam ist es allemal!) über die
durchweichten Deiche in Bayern. Man will ja nicht Schuld daran sein,
wenn dem Bierzeltkönig Horst Drehhofer die Wähler abhanden kämen
und womöglich zu den fast „Roten“ überlaufen!
Schon bald aber,
spätestens dann, wenn sich die Wasser der zweiten „Jahrtausendflut“
binnen 11 Jahren verlaufen haben werden, kann man wieder zum
politischen Tagesgeschäft übergehen, den fetten Hintern in edlem
Gestühl breit drücken und so tun, als interessiere es einen
tatsächlich, was da so um einen herum vor sich geht! Sind ja auch
bald wieder Wahlen, nicht wahr?
Wir müssen uns Gedanken
darüber machen, ob wir so eine Demokratie, im Stile von Muddi auch
in Zukunft haben wollen, oder ob wir die Dinge nicht besser selbst in
die Hand nehmen.
Aber welche Alternativen
haben wir? Steinkrücks Impotenzteam etwa, in dem ein Gewerkschaftler
Arbeitsminister werden soll? Das ging bei Riester schon gründlich in
die nadelgestreiften Hosen und jedes Mal, wenn wir irgendwie an
unsere kärglichen zukünftigen Renten erinnert werden, sprechen wir
einfachen Menschen einen grässlichen Fluch über jenen Politiker,
dem wir, die wir kein Geld am Ende des Monats übrig haben (sondern
meist noch ein ganzes Stück Monat, wenn das Geld zu Ende ist), um
„private Altersvorsorge“ zu betreiben und „selbst Verantwortung
für unsere Alterssicherung zu übernehmen“, die sogenannte
Riesterrente zu verdanken haben.
Deren einzige Profiteure
sind freilich die Versicherungskonzerne, weniger die Versicherten.
Aber wer will das schon so genau wissen? Und das wirft dann die Frage
auf, wie einer so vom Saulus zum Paulus werden kann, wie der
„ehrenwerte“ Herr Riester, und darauf gibt es auch prompt eine
Antwort, in der bedeutende Mengen Kleingeld eine nicht unerhebliche
Rolle zu spielen scheinen!
Jeder Mensch ist
korrumpierbar! Jeder hat seinen Preis, gar keine Frage! Bedauerlich
nur, dass in der Politik nicht mehr nur gelegentlich, sondern derzeit
gehäuft, charakterschwache Gestalten und ausschließlich
profitorientierte Arschkriecher auftreten, die sich der Wirtschaft an
den Hals werfen, wie die Nutten dem Freier!
Unter diesen Bedingungen
kann man es natürlich nicht akzeptieren, dass das Volk ein eigenes
Bewusstsein entwickelt und sich seiner eigentlichen Aufgabe in einer
Demokratie bewusst wird. Dann muss man ihm zeigen, wo sein Platz ist
und das geht am besten, wenn man ihm einen Schlagstock über den
Schädel zieht und ihm dann, quasi als Nachschlag, eine ordentliche
Portion Pfefferspray ins Schandmaul sprüht, um dem Ganzen die
gewisse Würze zu geben!
Niemand in der Politik,
erst recht nicht in der derzeitigen Regierung will den mündigen
Bürger, der selbstbewusst auf seinen Rechten besteht. Man will den
desinteressierten Ahnungslosen, der aus Gewohnheit bei der Wahl sein
Kreuz da macht, wo er es schon immer machte, vorzugsweise bei den
Liberalen und/oder den Konservativen!
Konservatismus heißt
Stillstand und Filz, heißt Kungelei! Aber die Wirtschaft ist sich
der Tatsache bewusst, dass es durchaus auch einen Wechsel in der
politischen Ausrichtung von Regierungen geben kann. Deshalb baut sie
vor, treibt Lobbyarbeit hier und spendet da, droht hier ein wenig,
schiebt dort etwas Geld in dankbare und aufnahmefähige Taschen, baut
ihre Macht und ihren Einfluss immer weiter aus und sorgt dafür, dass
die Meinung der Wirtschaft die Meinung der maßgeblichen Politiker
wird und bleibt! So steht man auch bei Regierungswechseln immer auf
der Seite der Gewinner!
Das also ist Demokratie
nach dem Verständnis der Wirtschaft und der Politik. Wo es keine
gewalttätigen Demonstranten gibt, da kriminalisiert man sie, kesselt
sie ein und prügelt sie nieder. Anschließen kann man sie dann ohne
großes Aufhebens und wegen des eingesetzten Pfeffersprays leicht
röchelnd und weinend, bequem aufsammeln und „erkennungsdienstlich
behandeln“ (schließlich muss ja jemand die Kosten für den Einsatz
der Polizei auf´s blaue Auge gedrückt kriegen)! Wer anschließend
immer noch darauf besteht, sein Recht auf Meinungsfreiheit und sein
Demonstrationsrecht einzufordern, muss eben für seine Renitenz
büßen! Alle anderen werden hoffentlich auf Dauer und nachhaltig
abgeschreckt! So geht Demokratie heute!
Schön zu wissen, dass
sich die Politik hier ganz entschieden verrechnet zu haben scheint!
Wenn schon die Hartzer, das Proletariat, der Bodensatz der
Gesellschaft (also die wirklich unter dieser Art der Politik und der
Zerstörung des Sozialstaates leidenden Menschen) schon nicht zum
Massenprotest zu motivieren ist, dann muss der Wandel eben aus der
Mitte der Gesellschaft kommen und was besonders ironisch dabei ist,
ist die Tatsache, dass es genau die „Mitte der Gesellschaft“ ist,
die die Politik so gern vertreten möchte! Es wird allerhöchste
Zeit, dass diese „Mitte der Gesellschaft“ der Politik Mitten in
die Fresse tritt! DAS wäre dann wirklich mal beeindruckend!
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