Deutschland nach der Wahl zum Europaparlament. Die einen, das sind die Schwarzen von der CDU/CSU, jubilieren, als gälte es den Frühling herbeizulocken. Aber haben sie überhaupt einen Grund dazu? 30,7% für die CDU, das bedeutet Verluste in Höhe von 5,7% und dazu die CSU mit 7,2%, macht zusammen knapp 38%. Berücksichtigt man, dass nur etwa die Hälfte der Wähler den Gang zur Urne angetreten hat, bleibt nicht wirklich viel übrig vom laut besungenen starken bürgerlichen Block. Trotzdem darf sich die Union als Sieger fühlen und das tut sie auch. Denn zumindest die stärkste Partei ist sie geworden.
Aber die Sozialdemokraten, die gute alte SPD, die einst die Massen der Arbeiterschaft hinter ihren roten Fahnen einte und zeitweise sogar eine echte Volkspartei zu werden drohte, zerstört, vernichtet! Nach einem Desaster ohne Beispiel, liegen die Roten, die vor einiger Zeit beschlossen hatten, sich einen schwarzen Tarnanstrich zu geben und als "neue Kraft der Mitte" wie Phönix aus der Acsche zu steigen, bei nur mehr 20,8%. Das ist nicht sehr viel weniger als bei der letzten Wahl. Nur 0,8% um genau zu sein, aber viel weniger geht wirklich nicht mehr. Und darum ist dieses Wahlergebnis wie ein herzhafter Tritt in die Eier! Mittlerweile fragt man sich, ob das Heulen und Zähneklappern so laut ist, weil man dem einstigen Glanz nachtauert, oder weil man sich für die nächste Wahl schon heute vor der 5%-Hürde fürchtet? Der Wähler hat der SPD nicht verziehen, dass sie in einem beispiellosen Zickzackkurs, mit anschließendem Doppelaxel rückwärts, nicht nur ihre einstige Zielgruppe aus den Arbeitervierteln der Städte vergrault hat. Sondern siemarschierte Wange an Wange mit der CDU/CSU in einem merkwürdigen Schmusekurs von einer politischen Ecke in die andere . Kein Ziel, kein klares Konzept vor Augen, aber dafür wenigstens kein attraktives Wahlprogramm. So sieht´s aus!
Der einzige, der sein Glück kaum zu fassen vermochte, war am gestrigen Wahlabend der gute Guido Westerwelle, der - einem grinsenden Honigkuchenpferd gleich - die Bühne betrat und erstmal nicht mehr hervorbrachte als:"Freude schöner Götterfunken!" Und 11% sind ja auch mal ein Wort für die Partei der Besserverdienenden und Leistungsträger, wie sich die FDP einstens zu nennen beliebte. Merkwürdig ist aber schon, dass ausgerechnet die Partei, die mit ihrem neoliberalen Kapitalismus, den sie predigt, als sei er das Vaterunser der Wirtschaft (und offenbar ist er das auch), genau das System für das Beste aller möglichen hält, dem wir das weltweite Finanzdesaster und die Wirtschaftskrise zu verdanken haben. Nun, 11%, das könnten dann tatsächlich die paar Besserverdienenden in unserem Lande sein, die es noch gibt. Und man sollte schon mal vorsorglich ins Wahlprogramm der FDP schauen, um zu wissen, was nach den Bundestagswahlen auf uns zukommt. Mehr Kernkraft, längere Laufzeiten der alten Schrottmeiler und was weiss ich was noch alles. Denn die gelben Grinsemänner und -frauen von der Liberalen Front, werfen sich heute schon der Union ganz ungeniert an den Hals und die lässt sich nicht ganz ungern ablecken.
Die Bündniss90/Grünen haben stramme 12,1% erzielt und lassen alle Skeptiker blöd aussehen. Wer hätte das vor 10, 15 Jahren erwartet? Niemand! Allerdings, dank des desaströsen Abschneidens der SPD ist nicht viel von einer Zusammenarbeit zu erwarten, da kann auch die Linke mit ihren mehr als 7% nichts dran ändern.
Alle, die sich für den Umweltschutz engagieren, gehen europaweit harten Zeiten entgegen. Jetzt beginnt das große Arschkriechen bei den großen Konzernen erst richtig. Jetzt haben die Lobbyisten wieder Hochkonjunktur. Aber die Börsen sind gut gefüllt, denn die Industrie weiss natürlich, dass "gute" Politik nicht umsonst zu haben ist. Aber wenn die Atomindustrie Morgenluft wittert - und das tut sie - werden sie ihre Geldbeutel zücken und die armen, unterbezahlten Parlamentarier großherzig und ohne jeden Hintergedanken unterstützen. Schließlich muss man als Politiker repräsentieren und auch artgerecht untergebracht werden.
Einen Trost gibt es aber doch, denke ich. Während die Union und die SPD in den Kommunalwahlen in Baden-Württemberg regelrecht abgewatscht wurden, erhoben sich die Grünen in mehreren großen Städten zu ungeahnten Höhenflügen. In Stuttgart sollen die Grünen sogar stärkste Partei mit 27% geworden sein. Das ist mal ein richtiger Schlag in die Fresse der CDU und gegen das "Projekt Stuttgart 21" im Besonderen. Aber auch in Mainz, wo es heftig gegen ein Kohlekraftwerk zur Sache ging und noch geht, bekamen die Grünen 23%, womit sie nur wenig hinter der CDU mit 28,8% liegen (und das sind 10% weniger als beim letzten Mal!). Man sieht also, was die "Bürgerlichen" in Europa, sind die Grünen auf der kommunalen Ebene. Vielleicht bewegt sich ja doch was in unserem Land? Graswurzelrevolution nennt man das glaube ich und das gefällt mir!
2 Kommentare:
ich freue mich über den erfolg der grünen. allerdings glaube ich nicht das irgendeine veränderung im größeren sine mit den grünen eintritt. dieses ewige liebäugeln mit der sozialdemokratie, behagt mir persönlich überhaupt nicht.
eine wirkliche graswurzelrevolution muss aus der gesellschaft sich entwickeln und ich glaube da dürfen wir noch einiges erwarten.
hukwa
Graswurzeln sprießen überall, sogar und auch da, wo man sie icht haben will ;-)
Gruß von Thialfi
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