Dienstag, 18. Juni 2013

SPD 2.0, oder wenn eine Partei sich selbst zerlegt!

Für gewöhnlich ist es so, dass die SPD eine Partei ist, in der man sich gerne mal so richtig fetzt. Ja, manchmal fliegen derart die Fetzen, dass man fast täglich damit rechnet, es könnte sich mal wieder ein Flügel von der guten alten Tante SPD abspalten, wie schon einmal geschehen. Damals trennte sich ein Teil der SPD-Linken von der Sozialdemokratie und bildete mit der WASG eine linke Alternative, die sich später mit der PDS zur „Linken“ zusammenschloss!
Dieser Aderlass macht der SPD heute noch zu schaffen, wenn man die politischen Eckpunkte betrachtet. Wirkliche linke Positionen, die die Interessen der Arbeiter und Angestellten vertreten, gibt es nicht mehr. Arbeitslose, Hartz-IV-Empfänger, Geringverdiener wählen, wenn überhaupt, nur noch die Linke oder rechtsradikale Parteien um ihrem Protest Ausdruck zu verleihen. Die SPD leidet nicht nur an Auszehrung, sondern an galoppierender Schwindsucht. Da nützt es überhaupt nichts, wenn man pro forma einen rechten SPD-Kandidaten wie Peer Steinbrück mit einer pseudolinken Programmatik knebelt und ihn in die Kanzlerkandidatur treibt, die ihm wohl von Anfang an nicht schmeckte. Jedenfalls nicht so!
Was ihm an einer Übernahme der Kanzlerschaft liegt, kann man am sogenannten Kompetenzteam erkennen. Nichtssagende Namen, völlig unbekannte und offensichtlich auch absolut bedeutungslose Personen, die bestenfalls die Aufgabe haben, Steinbrück, den Problempeer, besser dastehen und kompetenter aussehen zu lassen, als sein Team!
Dazu gehört nicht sehr viel. Ein Teil der Kompetenzgenossen hat seine besten Tage bereits weit hinter sich gelassen, der Rest hat sie wahrscheinlich noch nicht einmal vor sich.
Und Steinbrück, zu Tränen gerührt durch seine Frau, hat auch nicht die geringste Lust, die SPD in die Regierungsverantwortung zu führen. Denn das, was er da führt, mag sicher vieles sein, ein Wahlkampf ist es nicht!
Wer nicht einmal mehr empört aufschreit, wenn CDU/CSU, oder die FDP ein ums andere Mal gekonnten, wenn auch sicher ungewollte, Steilvorlagen für heftige Auseinandersetzungen liefern, der hat in den Augen der Wähler resigniert, bevor er überhaupt angefangen hat wahlzukämpfen.
Machen wir uns nichts vor. In der SPD gibt es nichts, was einer Führungsfigur auch nur annähernd nahe käme. Es gibt keine jungen und unverbrauchten Kandidaten, die man ins Rennen um ein Amt schicken könnte. Was früher jung, revolutionär aus der SPD-Jugendorganisation der Jusos heraus kam, ist heute aalglatt und rund gelutscht, wie es die Parteibonzen gerne haben. Menschenmaterial, das sich nach ihrem eigenen Vorbild formen lässt und genau das ist die Krux!
Unangepasste Jusos sind weder erwünscht, noch gibt man ihnen die Möglichkeit, sich in die Politik einzubringen. Schließlich könnten sie einfache SPD-Mitglieder mit linkem oder gar revolutionärem Gedankengut infizieren und das will schließlich keiner im mittleren und oberen Management der ehemaligen Volkspartei SPD!
Dabei brauchen wir weder einen Steinbrück 2.0, noch eine Andrea Nahles mit Seeheimer-Update. Wir brauchen keine akademischen Sesselfurzer, die bereits gleich nach dem Studium ihren Arsch irgendwie an die Wand zu drücken versuchen, um erst einmal die eigenen Schäfchen ins Trockene zu bringen. Und erst Recht brauchen wir keine abgehalfterten, verbrauchte und im Dienst ergraute und mittlerweile völlig desillusionierte Funktionäre, die sich hinstellen und alte sozialdemokratische Tugenden beschwören und mit Tränen im Knopfloch das alte Kampflied „Wann wir schreiten Seit´ an Seit`“ zum Gehupe einer Bergmannskapelle schmettern!
Wir brauchen Menschen, die aus dem Berufsleben kommen, Handwerker, Facharbeiter, Angestellte, Arbeiter, Menschen also, die ein gewisses Maß an Lebenserfahrung besitzen! Wir brauchen Menschen, die wissen, was es bedeutet, von der eigenen Hände Arbeit zu leben und im Schweiße seines Angesichts sein Brot zu verdienen, anstatt mit dem güldenen Löffel im Mund geboren zu werden, bevor sie meinen Entscheidungen treffen zu müssen, die für die einfachen Leute bedeuten, dass ihre Rente dramatisch sinkt und sie dadurch im Alter zu Bittstellern degradiert werden.
Von Anerkennung der Lebensleistung kann unter solchen Umständen keine Rede sein, geschweige denn von einer Anerkennung für die Erziehung von Kindern!
Mit solch banalen Sorgen brauchen sich Abgeordnete nicht zu belasten. Ihre Altersvorsorge ist als durchaus üppig zu bezeichnen und dagegen wäre auch nur dann nichts einzuwenden, wenn sie statt Wasser zu predigen, nicht gleichzeitig lieber Wein saufen würden!
All diese Aspekte, die die Sorgen und Nöte einfacher Menschen betreffen, und die sind nun mal die Mehrheit in einem Staat, müssen eine größere Rolle in der Politik spielen. Dabei verlange ich ja noch nicht einmal Privilegien! Ich verlange jedoch auch die Abschaffung von Privilegien für Konzerne, für Unternehmer, für reiche, für Besserverdiener, weil ich nicht einzusehen vermag, dass es unmoralisch sein soll, wenn gut betuchte Menschen prozentual deutlich mehr Steuern zahlen sollen, als Durchschnittsverdiener! Und wenn ich „deutlich“ sage, dann meine ich auch deutlich!
Der Abbau des Sozialstaats, ja die Schleifung der Grundfesten dieses Sozialsystems aber schreitet mit einer Geschwindigkeit voran, die beängstigend ist! Begründet wird das alles mit der Globalisierung, mit der Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit., ganz so, als sei ein Staat nur eine andere Art von Unternehmen, quasi ein Großkonzern, der nicht nur genauso geführt werden muss, wie ein Konzern, sondern auch Profit abzuwerfen hat.
Wenn dem nicht so ist, wenn also die Gewinne nicht mehr sprudeln, dann wird mit denselben Maßnahmen darauf reagiert, wie man dies bei großen Unternehmen zu tun pflegt, obwohl man sich der Tatsache bewusst ist, dass genau diese Maßnahmen (in aller Regel handelt es sich dabei lediglich um Sparmaßnahmen), den Untergang nicht verhindern, sondern lediglich hinauszuzögern imstande sind! Das Ende kommt meist unausweichlich. Die sogenannten „Rettungsmaßnahmen“ bieten dann nur noch den vormaligen Profiteuren die letzte Gelegenheit, sich die Taschen final voll zu schaufeln!
Leidtragende und diejenigen, die die Zeche bezahlen müssen, sind immer die kleinen Leute. Im Konzern werden sie entlassen, während das Management mit üppigen Prämien und Abfindungen ausgestattet nach oben weggelobt, als Bürger eines Landes werden stracks die Steuern erhöht, die Renten gekürzt, die Gesundheitsfürsorge rasiert, die Arbeitslosenhilfe verringert.
Und es gibt noch viel mehr, was in den Augen der Politik nicht nur überflüssig, sondern vor allem auch lästig ist. Deswegen setzt man auch hier mit großer Intensität das Streichkonzert fort! Mitarbeiter in Behörden, Justiz, Polizei und Stadtverwaltungen sind nicht nur faul, sondern auch teuer. Öffentliche Dienstleistungen schmälern die Profite, die Infrastruktur muss unterhalten, repariert und erneuert werden, das kann man sich sparen, wenn man PPP-Verträge abschließt (meint man, bis man dann die Rechnungen für das zurück mieten erhält und sie 30 oder mehr Jahre an der Backe hat!).
Kultur braucht kein Mensch, wohl aber Sportveranstaltungen nach dem Motto „Brot-und-Spiele“, weshalb man diese Großveranstaltungen auch großzügigst steuerlich begünstigt. Und der dieser Dinge sind noch viele mehr. Der Phantasie sind dabei keine Grenzen gesetzt!
All dies hat die SPD nicht mehr auf dem Schirm. Seit den 80er Jahren, als der „Genosse der Bosse“ das Steuer ergriff und den Kurs radikal von stramm links, vorwärts zum Wohle des Volkes, in stramm rechts, volle Kraft zur Profitoptimierung der Wirtschaft änderte! Die Seeheimer setzten sich und ihre Ideen des Pragmatismus durch, was sich in einer bedingungslosen Hörigkeit für wirtschaftliche Interessen äußerte und eine Abkehr von den grundlegenden Prinzipien der Sozialdemokratie zur Folge hatte.
Noch heute ist der unselige Einfluss dieses Seeheimer Kreises überdurchschnittlich groß, gemessen an der Zahl seiner Protagonisten. Arbeitnehmerinteressen sind hingegen völlig hinten runter gefallen und finden so gut wie keinerlei Berücksichtigung mehr in der SPD-Programmatik! Nur wenn mal wieder Wahlen anstehen, erinnert man sich daran, dass man nur dann regieren kann, wenn man von einer Mehrheit der Wahlberechtigten gewählt wird. Vorausgesetzt, man will überhaupt regieren.
Und dann verspricht man auch schon mal dem Pöbel das ein oder andere Bonbon, das dann nach der Wahl irgendwo zwischen „kann-man-leider-nicht-finanzieren“ und „dafür-gibt-es-im-Bundesrat-leider-keine-Mehrheit“ verloren geht!
Wahlkampf ist Kampf! Wahlkampf ist Auseinandersetzung um das beste Programm. Wahlkampf ist Kampf um jede einzelne Wählerstimme, nicht verzagte herumdrucksen und weinerliches Geheule, wie böse doch alle andern sind, wie edel aber man selbst! Wer nicht kämpfen will und nicht kämpfen kann, hat in einem Wahlkampf nichts verloren, schon gar nicht als Spitzenkandidat!

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